Neue Publikation untersucht Konzepte und Umsetzung in der Praxis
Das European Forest Institute (EFI) hat in Kooperation mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) und weiteren Partnern Forschungsergebnisse des vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderte Vorhaben „Naturschutz im Landeswald“ veröffentlicht. Der Forschungsbericht vereint dabei eine Analyse von Konzepten und rechtlichen Rahmenbedingungen mit einer empirischen Untersuchung der betrieblichen Praxis, für die deutschlandweit mehr als 300 forstliche Praktikerinnen und Praktiker in den beteiligten Landesforstbetrieben befragt wurden. Die Ergebnisse der von Georg Winkel (EFI) und Hermann Spellmann (NW-FVA) herausgegebenen Publikation geben einen forschungsbasierten Überblick zu Stand und Umsetzung des Naturschutzes in den Landeswäldern.
Bei der Bewirtschaftung von Wäldern kommt es immer wieder zu Zielkonflikten. Eine wichtige Herausforderung ist dabei die Integration der Erhaltung der biologischen Vielfalt in die Waldbewirtschaftung. Wie Waldnaturschutz in Landeswäldern praktiziert wird, welche Faktoren dabei zu beachten sind und wie er wirksamer umgesetzt werden kann, haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des European Forest Institutes, der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und der Universitäten Frankfurt und Freiburg in einer kürzlich veröffentlichten Studie untersucht. Die Ergebnisse dieses vom Bundesamt für Naturschutz finanzierten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens wurden jetzt veröffentlicht.
Fast ein Drittel des deutschen Waldes befindet sich im Besitz der Bundesländer. Die vorliegende Studie zeigt, welchen besonderen Stellenwert der Naturschutz in diesen Landesforstbetrieben hat. Sie macht aber auch deutlich, welche Entwicklungspotenziale und strategischen Herausforderungen sowohl innerhalb der Organisation der Betriebe, als auch bei der operativen Umsetzung von Naturschutzzielen vor Ort bestehen.

Befragungsergebnisse und rechtliche Anforderungen
Im Rahmen der Studie wurden unter anderem mehr als 300 forstliche Praktikerinnen und Praktiker in den beteiligten Landesforstbetrieben befragt und über 120 naturschutzrelevante Konzepte analysiert. „Aus den Befragungen ergibt sich, dass einerseits eine hohe Motivation bei den forstlichen Praktikern vorhanden ist, Naturschutzaspekte als wesentliche Bestandteile bei der Bewirtschaftung zu berücksichtigen, andererseits aber weiterhin Zielkonflikte zwischen Naturschutz und Holzproduktion oder anderen Waldfunktionen bestehen“, sagt Prof. Dr. Georg Winkel, Leiter des Bonner Büros vom European Forest Institute.
„Es ist daher wichtig, Naturschutzziele auch quantitativ zu konkretisieren, besser mit anderen Teilzielen abzustimmen und die Zielerreichungsgrade periodisch mit Hilfe geeigneter Indikatoren und effizientem Monitoring zu überprüfen“, ergänzt Prof. Dr. Hermann Spellmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. „So lassen sich die Wirksamkeit von Waldnaturschutzmaßnahmen belastbar überprüfen, die Leistungen der Landesforstbetriebe im Bereich Waldnaturschutz transparent aufzeigen und die innerbetriebliche, aber vor allem auch die Kommunikation nach außen weiter verbessern“, betont Dr. Peter Meyer von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt.
Die rechtlichen Anforderungen für eine Beachtung des Naturschutzes in Landeswäldern werden von Prof. Dr. Eckard Rehbinder, Emeritus an der Goethe-Universität Frankfurt ausführlich beleuchtet. Der Jurist kommt dabei zu dem Ergebnis, „dass noch Regelungsbedarf zur stärkeren Berücksichtigung des Waldnaturschutzes im Rahmen der besonderen Gemeinwohlverpflichtung des Landeswaldes besteht.”
Empfehlungen für die Praxis
Ihre Kernergebnisse haben die Autorinnen und Autoren in Schlussfolgerungen zusammengefasst und daraus, soweit möglich, Handlungsempfehlungen für die Politik und die forst- und naturschutzfachliche Praxis abgeleitet:
- Öffentliche Forstbetriebe erbringen im Rahmen ihrer Konzepte erhebliche Leistungen für den Naturschutz. Diese Leistungen sollten als eine Kernaufgabe verstanden und gegenüber der Gesellschaft aktiver vertreten werden.
- Die betrieblichen Ziele, Ressourcen und Abläufe sollten zur effizienteren Erreichung von Naturschutzzielen besser und transparenter aufeinander abgestimmt werden.
- Motivation, Kenntnisse und Handlungsspielräume des praktisch handelnden Forstpersonals bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Landeswald sollten stärker genutzt und weiter entwickelt werden.
- Ein effektives Monitoringsystem zum Themenkomplex Naturschutz im Wald sollte konzipiert und umgesetzt werden.
- Die Kommunikation mit der lokalen Bevölkerung im öffentlichen Wald sollte als wesentliche Möglichkeit genutzt werden, Verständnis für betriebliches Handeln zu erreichen und Belange der Bürgerinnen und Bürger mit in die Bewirtschaftung zu integrieren.
Hintergrundinformationen zum Projekt
Das BfN-Skript 542 „Naturschutz im Landeswald – Konzepte, Umsetzung und Perspektiven“ fasst die Ergebnisse des dreijährigen Forschungsvorhabens zusammen, das im Rahmen eines vom BfN mit Mitteln des BMU geförderten Forschungsverbundes der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und der Goethe-Universität Frankfurt mit Beteiligung des European Forest Institute in Bonn unter Leitung von Prof. Georg Winkel und Prof. Hermann Spellmann in enger Kooperation mit den Landesforstbetrieben und -verwaltungen der Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig Holstein erarbeitet wurde.
Das gedruckte Heft kann beim BfN versandkostenfrei bestellt werden oder als PDF-Datei hier heruntergeladen werden.
Vermerk: Verschiedene Textbausteine dieses Artikels basieren auf der Pressemitteilung „Naturschutz in Landeswäldern wirksamer umsetzen und weiterentwickeln“, die vom BfN am 19. Februar 2020 publiziert wurde.