In Deutschland gibt es sie schon seit der Antike, Hölderlin und Herder haben über sie gedichtet, und seit dem 18. Jahrhundert gilt sie als der “deutsche Nationalbaum”: Zweifellos hat die Eiche für die Menschen in Deutschland eine besondere Bedeutung. Auch im Klimawandel wird ihr eine wichtige Rolle zugeschrieben. Gleichzeitig ist sie vor allem durch Schädlinge Risiken ausgesetzt, die ihre Widerstandsfähigkeit gefährden. Wie man dieses “Eichensterben” mit natürlichen Mitteln bekämpfen kann, untersucht seit Kurzem ein neues Projekt von Wald und Holz NRW, das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gefördert wird. Auch das European Forest Institute gehört zu den Projektpartnern. Ich habe Bernhard Tapken, der im Projekt “Eichenresilienz” arbeitet, einige Fragen gestellt.
Was ist das Ziel des Projektes “Eichenresilienz”?
Das Ziel des von Wald und Holz Nordrhein-Westfalen geleiteten Projektes ist es die Widerstandsfähigkeit der heimischen Eichenarten, Stiel- und Traubeneiche, zu untersuchen und Wege aufzuzeigen diese natürliche Resilienz zu fördern. Wir untersuchen dabei, wie man die sogenannte „Eichenfraßgesellschaft“ erfolgreich mit natürlichen Gegenspielern bekämpfen kann.
Es gibt Schmetterlingsraupen, die in Bäumen großen Schaden anrichten. Bei Eichen gehört dazu insbesondere der Frostspanner und der Eichenwickler. Diese könnte man natürlich mit chemischen Mitteln bekämpfen, aber damit riskiert man die Gesundheit vieler anderer Insektenarten. Eine andere Möglichkeit ist, natürliche Gegenspieler, sogenannte Parasitoide, zu züchten. Beim Frostspanner und Eichenwickler gelten zum Beispiel Schlupfwespen als guter Gegenspieler. Diese legen ihre Eier in die Schmetterlingsraupen und bringen diese so zum Absterben. Die Eichen leben weiter.
Im ersten Projektteil von „Eichenresilienz“ wird untersucht, inwiefern die Resilienz von Eichenbeständen, die von der durch Frostspanner dominierten Eichenfraßgesellschaft befallen worden sind, erhöht werden kann, wenn Parasitoide entweder vorhanden sind oder ausgebracht werden. Ziel ist es, das durch den Fraß ausgelöste Eichensterben zu minimieren.
Im zweiten Projektteil soll durch Auswertung der bundesweiten Daten von Dauerbeobachtungsflächen die Frage erörtert werden, ob die bei Stieleiche gegenüber der Traubeneiche gefundenen höheren Mortalitätsraten durch den Standort oder durch die Baumart selbst bedingt sind.
Wer sind die beteiligten Partner und ihre jeweilige Rolle?
Die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) hat eine große Expertise in der Parasitoidenzucht. Deswegen übernimmt sie bei den in den Versuchsflächen gefundenen Parasitoidenarten (vor allem Schlupfwespen) die Testung, ob diese zuchttauglich sind. Aufbauend hierauf soll ein Zuchtprogramm für die ausgewählten Parasitoide entwickelt werden.
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) ist für die genetische Artbestimmung der Eichenarten in den Versuchsflächen zuständig. Sie wird diese Aufgabe auch für die Dauerbeobachtungsflächen übernehmen, wo bisher noch keine genetische Bestimmung stattgefunden hat.
Die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) führt bei der Analyse der Dauerbeobachtungsflächendaten die statistische Datenauswertung durch und steht für statistische Fragestellungen bei den Parasitoiduntersuchungen beratend zur Seite.
European Forest Institute unterstützt die Projektkommunikation und wird die Ergebnisse der Untersuchungen an sein europaweites forstliches und forstwissenschaftliches Netzwerk kommunizieren.
Wie soll die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis funktionieren?
Das Projekt betreuende Team „Wald- und Klimaschutz“ ist Teil des in diesem Jahr neu gegründeten Zentrums für Wald und Holzwirtschaft des Landesbetriebes Wald und Holz NRW. Hier werden neueste wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis übertragbar gemacht und eigene praxisrelevante Forschung betrieben. Die wissenschaftlichen Inhalte aller Projekte orientieren sich an den Bedürfnissen der Praxis und an den Herausforderungen des Klimawandels für unsere Wälder.
Welche Bestände werden untersucht? Und warum wurden diese ausgewählt?
Im Frühjahr dieses Jahres wurden im Münsterland vier Eichenbestände ausgewählt. Diese vier Bestände weisen unterschiedliche ökologische Wertigkeiten auf, die die Arbeitshypothese des Projektes stützen sollen. Unsere Hypothese ist, dass der Artenreichtum an Insektenarten in Wäldern mit funktionalen Waldrändern mit blühender Strauchvegetation und Wäldern, die reich an blühenden, krautigen Pflanzen sind, erhöht wird und somit auch der Anteil der natürlichen Gegenspieler der Eichenfraßgesellschaft steigt.

Der erste Bestand weist einen funktionalen Waldrand mit blühender Strauch- und Krautschicht auf, an welchem sich eine extensiv genutzte Grünwiese mit einem Obstbaumbestand anschließt. Der zweite Bestand ist ein lichter Eichenbestand, auf dessen Waldboden eine reiche, blühende Krautvegetation vorzufinden ist. Der dritte Eichenbestand zeigt einen im Münsterland häufig vorkommenden schroffen Übergang (Steilrand) von Wald zu angrenzenden Agrarlandschaften. Bei dem vierten Versuchsbestand handelt es sich um einen geschlossenen Eichenbestand ohne Waldrand und mit einer gering ausgeprägten Krautvegetation.
In unserem Resilience Programme beschäftigt sich EFI ja u.a. mit den verschiedenen Konzepten von Wald-Resilienz. Welche Definition von Resilienz liegt der Projektarbeit zugrunde?
Der Projektarbeit liegt die Definition der „ecological resilience“ zugrunde. Es soll untersucht werden inwiefern Eichenwälder eine systemische Eigenschaft aufweisen, schädlichen Faktoren und äußeren Veränderungen zu widerstehen und sich von Störungen zu erholen.
Die Auswertung der Daten der Dauerbeobachtungsflächen sollen zeigen, welche Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit zwischen Trauben- und Stieleiche bestehen und worin diese Unterschiede begründet liegen. Als Ergebnis kann es waldbauliche Handlungsempfehlungen geben: Unter welchen Voraussetzungen ist welche Eichenart zu bevorzugen, um widerstandsfähige Eichenbestände zu entwickeln oder neu zu begründen, die sich möglichst gut von Schädigungen erholen können?
Die Parasitoidenuntersuchungen sollen diese Widerstands- und Erholungseigenschaften aus einem ganz bestimmten Gesichtspunkt betrachten: Kann die natürliche Resilienz von Eichenwäldern mit waldbaulichen Maßnahmen (funktionale Waldränder und erhöhte Biodiversität) und die hierdurch erhöhte Populationsdichte von natürlichen Gegenspielern der Eichenfraßgesellschaft erhöht und so die negativen Auswirkungen des Kahlfraßes (Eichensterben) abgemildert werden?
Die Eiche hat für Menschen in Deutschland eine wichtige Bedeutung, und über das Eichensterben wurde auch in den Medien öfter berichtet. Welcher Aspekt des Projektes könnte für eine breitere Öffentlichkeit interessant sein?
Die zwei heimischen Eichenarten sind in Zeiten des Klimawandels wichtige Baumarten. Die klimatischen Veränderungen kommen ihnen nach bisherigen Erkenntnissen zu Gute. Damit sind diese Baumarten wichtige Stützen in unseren heimischen Wäldern, um klimastabile Wälder zu erhalten. Umso wichtiger ist es, die Eiche vor Schadfaktoren zu schützen und Strategien zu entwickeln, das Eichensterben abzumildern.
In der deutschen Gesellschaft ist eine starke Bindung zu unseren heimischen Wäldern verwurzelt. Die Eiche spielt in dieser Verbundenheit eine große Bedeutung. So löst Eichensterben in der Bevölkerung eine entsprechend emphatische Reaktion den Wäldern gegenüber aus.
Auch die ökologische Dimension des Projektes ist für eine breitere Öffentlichkeit interessant. Wenn an Waldrändern Sträucher und Kraut blühen, gibt es dort auch viele Insekten, die als natürliche Gegenspieler der Eichenfraßgesellschaft agieren können. Eine erhöhte Biodiversität führt womöglich so zu resilienteren Eichenwäldern.
Featured image von Berhard Tapken
