Wenn Sie einen Waldspaziergang machen, um sich zu erholen – in welchen Wald gehen Sie dann? Wie sieht dieser Wald aus? Fühlen Sie sich wohl unter Nadelbäumen, mögen Sie lieber Eichen und Buchen oder vielleicht einen Mix aus beiden? Wie stellen Sie sich einen attraktiven Wald vor, und was wäre das Gegenteil davon? Die Antworten auf diese Fragen sind vermutlich von vielen verschiedenen Faktoren abhängig: von Ihrem Alter, Ihrem Beruf, und wo Sie leben, aber auch von Ihren Einstellungen und Werten zum Wald. Vielleicht erkennen Sie einzelne Baumarten oder Pflanzen, wenn Sie im Wald pausieren, oder beobachten sogar Vögel und andere Waldtiere? Und hatten Sie jemals Berührungspunkte mit der Forstwirtschaft – oder fragen Sie sich, warum Wälder überhaupt bewirtschaftet werden?
Mit dem neuen Forschungsprojekt Martelkom (Marteloskope als Forschungs- und Kommunikationsinstrument für integrative Waldwirtschaft) wollen wir vom European Forest Institute (EFI) und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) genau diese Fragen erforschen: Wie werden der Wald und die Forstwirtschaft von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen wahrgenommen und welche Art von Wald bevorzugen diese Gruppen? Unser Ziel ist es auch in Zusammenarbeit mit regionalen Forstverbänden in Arnsberg, Bonn und Freiburg zu untersuchen, welche Vorkenntnisse, Werte und Einstellungen mit verschiedenen Eigenschaften von Wald verbunden sind, und ob und in welchem Umfang sich diese ändern, wenn Laien sich mit Waldbewirtschaftung auseinandersetzen.
Auf diese Weise will das Projekt die Kommunikation zwischen forstwirtschaftlichen Akteuren und der breiten Öffentlichkeit verbessern. Besonders die Chancen und Herausforderungen einer integrativen Waldbewirtschaftung, welche zum Ziel hat, die verschiedenen Waldfunktionen (wie z.B. Holzproduktion und Biodiversitätserhalt) zu integrieren, werden im Fokus unserer Kommunikation stehen.
Was hat das Ganze nun mit Marteloskopen zu tun? Marteloskope sind voll inventarisierte waldbauliche Übungsflächen und wurden in der Vergangenheit zum Beispiel für Lernübungen für forstlichen Akteure und politische Entscheidungsträger genutzt, um eine Diskussion über Managementziele zu ermöglichen. Dabei müssen die ökonomischen und ökologischen Werte eines Waldbestandes berücksichtigt werden und die potenziellen Auswirkungen forstlicher Maßnahmen auf diese Werte, also z.B. auf die Menge an Totholz im Wald, auf das Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten oder auf wirtschaftlich interessante einzelne Bäume. Die Übungen werden mittels eines Tablets und einer speziell entwickelten Software umgesetzt, die alle relevanten Daten der Waldfläche beinhaltet.
Marteloskope sind jedoch nicht nur für Förster*innen und politische Entscheidungsträger von Interesse, sondern können auch spannende Werkzeuge für qualitative Forschungen in den Sozialwissenschaften sein. Deswegen werden wir in Martelkom Forschungsexperimente mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im Rahmen von Marteloskopübungen durchführen. Unser Ziel ist es, die Einstellungen der Teilnehmenden in Bezug auf Wald und Forstwirtschaft zu verstehen und zu erforschen, ob und wie sich diese Einstellungen durch die Teilnahme an unseren Übungen verändern.

EFI arbeitet bereits seit über 20 Jahren an der Einrichtung solcher Marteloskop-Übungsflächen. Europaweit gibt es derzeit fast 200 Marteloskope, und regelmäßig werden neue Flächen installiert, die im 2017 gegründeten Integrate-Netzwerks organisiert sind. Heute setzt sich das Netzwerk aus 19 Mitgliedsstaaten sowie politischen und praktischen Vertreter*innen zusammen, mit EFI als Sekretariat.
Zum Abschluss des Martelkom-Projekts sollen die Marteloskope um einen neuen Parameter erweitert werden: das „Erholungsmodul“, das auch die Erholungsfunktion des Waldes einbeziehen soll. Zudem werden wir Empfehlungen zur forstlichen Öffentlichkeitsarbeit entwickeln, um die Kommunikation zwischen Forstwirtschaft und Öffentlichkeit zu verbessern. Über die sozialen Medien, u.a. EFIs Resilience Blog und kurze von uns produzierte Videos werden wir kontinuierlich Einblicke zum aktuellen Stand der Dinge publizieren.
Das Projekt wird finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Förderprogramms „Nachwachsende Rohstoffe” mit dem Finanzierungscode: 2220NR235A.